Die Methode „Evolutionäre Biografie“ dient der systemischen Identifikation strategischer Entwicklungsoptionen. Dazu wird die Entwicklung einer zu untersuchenden Organisation entlang der Zeitachse im Dreischritt betrachtet, ausgehend von der Historie über den Ist-Zustand hin zu bestehenden bzw. möglichen Zukunfts-Optionen.
Die Methode basiert auf der Erkenntnis: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen. Wer die Gegenwart nicht versteht, kann die Zukunft nicht gestalten“ (Hans- Friedrich Bergmann).
Evolutionäre Entwicklungen werden in der Regel mit langfristigen Zeiträumen in der Erdgeschichte und mit natürlichen Prozessen in Verbindung gebracht. So zum Beispiel mit der Entwicklung erster Landlebewesen, dem Aufkommen erster Bäume und Wälder, dem Aussterben der Saurier oder der Weiterentwicklung des Darwinfinken zu 14 eigenständigen Arten. Im Zeitraffer gesehen findet Evolution aber – von uns unbemerkt – täglich statt. Auch jeder von uns Menschen ist Teil der täglichen Evolution. Meistens finden diese Prozesse aufgrund der ökosystemaren Komplexität nicht losgelöst voneinander oder chronologisch nacheinander statt. Vielfach treten sie in Kombination auf und wirken gleichzeitig auf das umgebende System bzw. auf andere Prozesse, teilweise in schwächender oder schädigender, teilweise auch in förderlicher und stärkender Weise. Auch diese Effekte sind in der Natur weit verbreitet und als „Co-Evolution“ bekannt.
Aktuelle evolutionäre Veränderungsprozesse in unserem Umfeld sind zum Beispiel Globalisierung, Aufbau sozialer Netzwerke, Energiewende, demografische Entwicklung, Kreislaufwirtschaft, digitale Transformation sowie autonomes Fahren. Bereits absehbare bzw. in Zukunft zu erwartende evolutionäre Veränderungsprozesse finden sich bspw. in den Themenfeldern Biologische Transformation, Suffizienz-Kultur, Neo-Ökologie, New Work, Postwachstums-Ökonomie, Sharing-Economy, Urban Farming und KI. All diese Prozesse tragen zu einer Veränderung unserer Verhaltensweisen sowie zu einer Veränderung der Ökosysteme auf unserem Planeten bei. Daher wird die aktuelle Periode der Erdgeschichte bereits heute als „Anthropozän“ bezeichnet.
Entsprechend des ca. eine Milliarde Jahre langen evolutionären Prozesses von der Entstehung der Landlebewesen über die Globalisierung bis zur KI findet sich ein entsprechender „Entwicklungsbogen“ im Zeitraffer auch in jeder Organisation. Je nach Zeitpunkt der Entstehung über den aktuellen Zustand bis zu Entwicklungs- Optionen ist dieser mehr oder weniger lang.
Ob die Entwicklung einer Organisation bereits über 1000 Jahre lang dauert oder erst eine Generation oder wenige Jahre alt ist, ändert nichts an der Möglichkeit, den analytischen Dreischritt „gestern-heute-morgen“ zu betrachten und entsprechend dieser Methode vorzugehen.
Die Methode dient Organisationen und Unternehmen als Diskussions- und Planungsgrundlage im Rahmen ihrer strategischen Entwicklung. Entlang der Zeitachse werden markante Ereignisse sowie Entwicklungs- und Zukunftsoptionen identifiziert und chronologisch notiert. Das wechselnde und kombinierte Betrachten des zeitlichen Ablaufs der Organisationsgeschichte führt zu einer zeitübergreifenden Analyse und dadurch zu einer erweiterten Perspektive.
Ziel der Methode ist es, Entwicklungsoptionen und ggf. neue ökologische Nischen zu identifizieren sowie Innovationsimpulse zu generieren. Die ganzheitlich-systemische Herangehensweise trägt gleichzeitig dazu bei, den Nachhaltigkeits-Aspekt in der Organisations-Entwicklung zu stärken.