Innovationsfähigkeit ist eine selbstverständliche Alltagsintelligenz. (siehe auch Modell Innovationsfähigkeit von Menschen©). Diese von uns Menschen unbewusst gesteuerten Fähigkeiten und Prozesse im Denken und Handeln können von Maschinen (noch?) nicht abgebildet werden.
Die damit verbundenen Schwierigkeiten kennen wir u.a. aus der Robotik. Reinhard Karger (Sprecher des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz DFKI) bezieht sich hierbei auf das Moravec’s Paradox: „Je einfacher es für den Menschen ist, desto schwieriger ist es für Maschinen – je schwieriger es für den Menschen ist, desto einfacher ist es für die Maschine.“ Um die mit der selbstverständlichen Alltagsintelligenz verbundenen Fähigkeiten und vor allem deren Zusammenspiel technisch umzusetzen (z.B. im Rahmen von Künstlichen Intelligenz KI) bedarf es eines eher unvorhersehbaren Ressourceneinsatzes.
Angetrieben durch VUKA (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität) fällt es uns trotz unserer einzigartigen Innovationsfähigkeit zunehmend schwerer, erfolgsversprechende Innovationen und deren Ressourcenbedarf einzuordnen.
Nach der Definition von Tobias Müller-Prothmann und Nora Dörr: „Innovationen resultieren aus Ideen, wenn diese in neue Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren umgesetzt werden, die tatsächlich erfolgreiche Anwendung finden und den Markt durchdringen.“, sowie in Anlehnung an das Moravec’s Paradox, sollten wir uns bei Ideen und Innovationen die Fragen erlauben: Brauchen wir dieses „Werkzeug“ wirklich und wofür (Ziel und Zweck) lohnt sich der Aufwand?
Wenn wir uns den Innovationsindikator anschauen, welcher die Innovationsstärke eines Landes misst, beinhaltet dieser die folgen- den Typen von Indikatoren des Innovationssystems: Ressourcenindikator (messen, Input, z.B. F&E-Investition), Ertragsindikator (messen, Output) und Fortschrittsindikator (messen, Output und Wirkung). (Frauenhofer-Institut für System- und Innovationsforschung)
Die beiden Indikatoren – Ressource und Fortschritt (hier als Nutzen abgebildet) – zeigen sich als die relevanten Größen im Innovationskonvex®.
Wie viel Ressource investieren wir für wie viel Fortschritt (hier: Nutzen)?
Ab wann also beginnt Innovation nutzenbringend Sinn zu machen? Um eine Orientierung hierfür zu geben, wurde das Innovationskonvex® entwickelt. Ausgehend vom Moravec’s Paradox (wir erinnern uns: je einfacher für den Menschen, desto schwieriger für Maschinen und je schwieriger für den Menschen, desto einfacher für Maschinen) wird hier der Ressourcenverlauf aufgezeigt.
Wir nehmen Sie nun mit auf eine kleine Denkreise durch das Innovationskonvex©:
Wie viele Ressourcen sollen wir in Ideen investieren,
• die Menschen einfach oder ohne bewusst darüber nachzudenken, ausführen können.
• für die eine technische/technologische Umsetzung schwierig ist bzw. die Technologien/Voraussetzungen noch nicht verfügbar/ geschaffen sind.
• Wie weit sind wir in diesem Fall vom Selbstzweck der Ideenumsetzung getrieben?
• Ist ggf. die Exnovation angebracht? Oder erwarten wir von genau diesen Erkenntnissen einen visionären Ansatz für Zukunftsmöglichkeiten, die außerhalb der menschlichen Fähigkeiten liegen?
Diese Punkte sollten bewusst und klar beantwortet werden. (siehe Feld 1 mittig links)
Der Nutzen und auch die Akzeptanz der Idee bzw. Innovation (siehe Nutzenmodell und Akzeptanzmodell) steigt nahezu linear mit dem Schwierigkeitsgrad für den Menschen (hochrangiges Denken, physische Möglichkeiten). Handelt es sich um für uns Menschen in der Regel einfache Tätigkeiten bzw. unbewusste Fähigkeiten, kann der Nutzen einer Idee oder Innovation in diesem Bereich als eher gering angenommen werden. Je schwieriger die Anforderungen für den Menschen werden, desto höher wird der Nutzen einer als unterstützend eingeschätzten Innovation („Werkzeug“) bewertet (siehe Feld 2 unten links).
Was passiert, wenn die Anforderungen für den Menschen nicht nur schwierig, sondern gar unmöglich zu erfüllen sind? Der Ressourcenbedarf steigt in diesem Fall deutlich an, wobei der Nutzen- und Akzeptanzverlauf sich sukzessive dem Ressourcenbedarf angleicht. In diesem Bereich finden oft Innovationssprünge statt, die hier als treppenförmig ansteigender Verlauf der Ressource dar- gestellt sind. Innovationssprünge erlauben in der Weiterentwicklung – trotz steigendem Schwierigkeitsgrad für Menschen – den Aufwand moderat zu halten, bevor es zum nächsten Ressourcensprung kommt (siehe Feld 3 unten mittig).
Dieser Bereich deutet auf vielversprechende Innovationen hin und bietet – je weiter wir in das für Menschen Unmögliche wandern – ein ausgeprägtes Innovationspotenzial (siehe Feld 4 unten rechts). Ein Beispiel hierfür ist der Quantencomputer.
Sind sowohl die Fähigkeit(en) beim Menschen nicht vorhanden als auch die Umsetzungs- bzw. technologischen Möglichkeiten (noch) nicht gegeben, begeben wir uns in den visionären Bereich. Hier haben wir es mit zukunftsgerichteten Innovationen zu tun. Damit sich auch die Akzeptanz von Visionen gleichförmig mit dem sprunghaften Anstieg der Ressource weiterentwickelt, müssen Ziel und Zweck dieser visionären Innovation für den Nutzer klar und transparent sein.
Der Ressourcenbedarf in den visionären Regionen schwächt sich bei Weiterentwicklungen auch hier wieder ab (siehe Feld 5 mittig rechts). Ein Beispiel dafür ist SpaceX: Das Projekt ist aufgesetzt als erster Schritt für eine geplante Marsmission. Wiederverwendbare Raketenteile z.B. wirken ressourcenschonend und Ziel und Zweck für weitere Versuche sind klar und transparent.
Bei darauf aufbauenden Neuinnovationen bleibt der Ressourcenbedarf hingegen auf hohem bzw. steigendem Niveau (siehe Feld 6 oben rechts). Bleiben wir beim obigen Beispiel, wären es das Erreichen des Mars und der Beginn der Kolonialisierung, wofür weitere hohe Investitionen notwendig sind.
Bei der Einordnung von Innovationen empfiehlt es sich die Rahmenbedingungen wie Wertesysteme und Kulturen, Altersstrukturen o.ä., welche bei der Einschätzung der (z.B. physischen) Fähigkeiten eine Rolle spielen könnten, mit in Betracht zu ziehen.
Abschließende Anmerkung:
Die beschriebenen bzw. dargestellten Denkansätze und Hypothesen sollen zum aktiven Nachdenken hinsichtlich der Innovationsaktivitäten und Investitionen anregen. Im Mittelpunkt von Innovation sollte der Nutzen für uns Menschen stehen – mit der notwendigen Transparenz von Ziel und Zweck – und dies nicht ausschließlich aus wirtschaftlichem Interesse.