Trotz auch in Mitteleuropa unübersehbarer und zunehmender Klimawandel-Folgen und Extrem-Wetterereignissen erscheinen für viele Menschen die globalen ökologischen und sozialen Probleme noch immer in weiter Ferne. Sie werden meist noch immer primär mit Hungersnöten in Afrika, Hurrikans in Amerika, Dürren im Sahel, Waldbränden in Kanada oder rund ums Mittelmeer oder mit schmelzenden Polkappen und Gletschern in Verbindung gebracht. Auch wenn die Zahlen, Analysen und Schlussfolgerungen des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) alarmierend sind, Zahlen bleiben für die meisten Menschen abstrakt. Es fällt schwer, unmittelbare Zusammenhänge zwischen dem individuellen und persönlichen Verhalten und Handeln sowie globalen Entwicklungen zu erkennen und zuzulassen.
Will man die drei Nachhaltigkeits-Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales global denken, dann muss auch die globale Gerechtigkeit Berücksichtigung finden. In der folgenden Aktion wird der unterschiedliche CO2-Ausstoß von vier verschiedenen, gezielt ausgewählten Staaten verglichen. Nachfolgend werden die Ursachen der unterschiedlichen Situationen sowie mögliche Konsequenzen diskutiert.
Die Übung „Klimawandel im Staaten-Vergleich“ besteht aus fünf Teilübungen. In der ersten Teilübung geht es darum, den durch- schnittlichen CO2-Ausstoß pro Kopf und Jahr am Beispiel der ausgewählten Staaten, z. B. Deutschland, Indien, Burundi und den USA sichtbar zu machen. Hierfür bilden sich vier verschiedene Teams, die jeweils einen der genannten Staaten vertreten. Jedes Team wird mit einem CO2-Maßband sowie mit bunten Markierungsbändern in unterschiedlichen, möglichst landesspezifischen Farben ausgestattet. Mit dem CO2-Maßband kann mithilfe des Brusthöhendurchmessers näherungsweise gemessen werden, wie viel CO2 der gemessene Baum im Laufe seines Lebens der Atmosphäre entzogen hat.
Den vier ausgewählten „Staaten-Teams“ werden nun abgegrenzte, aber nah beieinander liegende Waldareale zugewiesen, in welchen sie mit ihrem Markierungsband so viele Bäume markieren, wie diese benötigen, um rein rechnerisch den jährlichen CO2-Ausstoß des jeweiligen Staates zu kompensieren. Auf die im aktuellen Diskurs strittigen Diskussionen um das Kompensations-Potenzial von Bäumen (u.a. bzgl. Dauerhaftigkeit, Baumart, Potenzial der Wurzeln und des Mycels, Baum-Vitalität. Standort-Situation etc.) wird an dieser Stelle bewusst nicht eingegangen, da die Übung primär auf Bewusstseinsschärfung und eine ganzheitliche Situations-Betrachtung abzielt und nicht auf exakte wissenschaftliche Datenerhebung und Ergebnisse.
Die vier Gruppen erhalten jeweils folgende Kenndaten zu „ihrem“ Staat:
• Jährlicher Pro-Kopf-Ausstoß von CO2
• Einwohnerzahl gesamt
• Bevölkerungsdichte
• Bewaldungsgrad
• Bruttoinlandsprodukt
• Bodenschätze
• Klimatische Bedingungen
• Klima-Risiko-Index
Nach Messung und Markierung der für die jeweilige Kompensation benötigten Bäume stellen sich im zweiten Übungs-Teil die unterschiedlichen Staaten-Gruppen unter Nennung der jeweiligen Kenndaten sowie ihrer markierten Bäume vor. Dabei wird schnell offensichtlich, dass sich die Anzahl der markierten Bäume von Staat zu Staat erheblich unterscheidet. Anschließend an diese Erkenntnis folgt im dritten Übungsteil eine moderierte Diskussion zu Klimaschutz-Fragen im internationalen Kontext.
Der vierte Übungsteil leitet von der Diskussion auf der internationalen Ebene über auf die nationale Situation in Deutschland. Hier lautet die zentrale Frage: Reichen die Wälder Deutschlands aus, um rein rechnerisch unseren pro Kopf-Ausstoß an CO2 zu kompensieren? Dieser Frage wird im Rahmen einer weiteren Teil- Übung nachgegangen. Dazu misst jede Gruppe innerhalb ihrer zugeteilten Waldparzelle eine Probefläche aus, die in ihrer hier vorgegebenen Größe der in Deutschland rein rechnerisch jedem Bürger zur Verfügung stehenden Waldfläche entspricht. Dann wird mithilfe des Maßbands überprüft, wie viele Bäume benötigt werden, um rein rechnerisch den CO2-Pro-Kopf-Ausstoß pro Kopf und Jahr zu kompensieren und ob die dafür zur Verfügung stehende Waldfläche ausreicht.
Die moderierte und mit weiteren Hinweisen zum Ressourcen- bedarf und zu den Schutzfunktionen der Wälder angereicherte Diskussion macht deutlich, dass unser CO2-Ausstoß in Deutschland nicht nachhaltig in heimischen Wäldern kompensiert werden kann. Auch unser Ressourcenverbrauch an Holz (der doppelt so hoch ist wie der weltweite Durchschnittsverbrauch von 0,5 m3) kann nicht durch heimische, nachhaltige Forstwirtschaft abgedeckt werden. Wir importieren Holz aus anderen Kontinenten, Ländern und Wäldern. Weltweit brauchen wir Wälder aber vor allem auch für Klimastabilität, Wasserschutz, Erosionsschutz, saubere Luft und Erhalt der Biodiversität. Gleichzeitig nimmt die Waldfläche weltweit kontinuierlich ab, was auch unserem eigenen Konsum geschuldet ist.
Der fünfte und letzte Schritt der Übung führt von der Analyse und Diskussion zum konkreten Handeln. Wie schaffen wir es, globale Gerechtigkeit zu fördern und warum wird das immer wichtiger? Mit der Fragestellung „Was kann ich selbst tun, um die Klimagerechtigkeit auf unserem Planeten zu fördern?“ erarbeitet jede Gruppe unter Verwendung von möglichst vielen Naturmaterialien ein Wald-Plakat. Dieses bildet den Abschluss und die Brücke zwischen dem Erlebten im Wald und dem persönlichen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung im eigenen Alltag.