Das Ökosystem Wald ist ein Paradebeispiel für einen geschlosse- nen Stoffkreislauf. Die meisten Pflanzen im Wald sind Produzenten (Erzeuger) von organischer Materie. Auf Basis der Photosy these sorgen Bäume, Sträucher, grüne Pflanzen und Algen selbst für ihre Nahrung, sie sind autroph. Sie stellen aus Sonnenlicht und anorganischen Stoffen organische Biomasse her. Über ihre Wurzeln nehmen sie Wasser und Nährstoffe auf und können auf diese Weise wachsen und neue Pflanzenteile wie Knospen, Blätter, Zweige, Blüten und Früchte bilden. Als Produzenten bilden sie die Grundlage des Stoffkreislaufs, stehen meist am Anfang der Nahrungskette und sind Grundlage für alles weitere Leben. Sie produzieren unter anderem Kohlenhydrate, die pflanzenfressenden Tieren als Nahrung dienen.
Die Konsumenten (Verbraucher) im Wald dagegen sind heterotroph. Sie können nicht selbst Photosynthese betreiben und ernähren sich daher von anderen Organismen. Die Konsumen- ten bilden innerhalb ihrer Gruppe eine Dreier-Kaskade. Die Primärkonsumenten fressen Pflanzen (z.B. Rehe, Hasen, Maikäfer,Schmetterlingsraupen). Die Sekundärkonsumenten ernähren sich von Fleisch (z.B. Luchs, Waldkauz, Schwarzspecht, Grasfrosch, Aaskäfer, Waldameise) und werden auch als Räuber, Prädatoren oder Fressfeinde bezeichnet. Die Tertiärkonsumenten sind ebenfalls Fleischfresser und fressen die Sekundärkonsumenten (Wolf, Baummarder, Schwarzspecht). Je nach Position innerhalb der Nahrungskette gibt es weitere Konsumentenstufen bis zu den Endkonsumenten an der Spitze der Nahrungspyramide, wo sich als Spitzenprädatoren Organismen finden, die keine direkten Feinde haben (Bär, Wolf, Geier, Adler, Mensch).
Am Ende des Stoffkreislaufs stehen die Destruenten (Zersetzer), die sich in zwei Gruppen unterteilen lassen. Zunächst über- nehmen die Saprovoren (Streufresser: Regenwürmer, Schnecken, Asseln, Hornmilben, Springschwänze, Pilze) die mechanische Zerkleinerung und Verteilung der organischen Substanz im Boden. Sie zersetzen organische Abfallstoffe sowohl in Form toter Pflanzen (Produzenten) und pflanzlicher Bestandteile (Blätter, Rinde, Wurzeln) als auch in Form von Tieren (Konsumenten) und tierischen Bestandteilen und Abfallprodukten (Haare, Kot). Sie hinterlassen organische Verbindungen, wie Humusstoffe. Daran anschließend vollenden die Mineralisierer (Bakterien, Pilze) den Abbauprozess von organischen Stoffen, indem sie eine biochemi- sche Zersetzung bewirken. Durch mikrobakterielle Abbaupro- zesse entstehen wieder anorganische Stoffe (z.B. Mineralien wie Magnesium, Phosphor und Calcium). Diese Umsetzungsprozesse werden stark durch Temperatur sowie Luft- und Wasserhaushalt des Bodens beeinflusst. Die dem Boden zugeführten anorganischen Stoffe stehen den Pflanzen (Produzenten) dann wieder als Nährstoffe zur Verfügung. Auf diese Weise schließt sich die Nahrungskette zu einem Nahrungs- und Nährstoffkreislauf, der von vorne beginnen kann.
Die drei voneinander abhängigen Organismengruppen der Produzenten, Konsumenten und Destruenten stellen durch ihr funktionales Zusammenspiel und die zyklische Umwandlung von organischen und anorganischen Stoffen den Idealtyp einer Kreislaufwirtschaft dar. In der Natur bestehende Kreislaufprozesse führen zu Kontinuität und Bewahrung. So spielt z.B. auch der Stickstoffkreislauf eine wichtige Rolle für die Stabilität von Ökosystemen wie dem Wald. Gleichwohl finden durch evolutionäre Prozesse auch in der Natur permanente Veränderungen und Weiterentwicklungen statt, wodurch auch bestehende Kreisläufe beeinflusst oder sogar aufgehoben werden können.
Das Wirtschaften in Stoffkreisläufen ist eines der wichtigsten Erfolgsprinzipien natürlicher Ökosysteme. Nachhaltige Kreisläufe sind aber bezüglich der Ressourcen Nahrung, Wasser und Ener- gie auch für uns Menschen überlebensnotwendig. Unser Wirt- schaften hat sich in den letzten Jahrzehnten jedoch von einer Konsumgesellschaft zu einer Wegwerfwirtschaft verändert. Der gesellschaftliche Alltag ist heute geprägt von Einwegmentalität, die in Form von Einwegflaschen, Kaffeekapseln, To-go-Behältnissen, Folienverpackungen und Einkaufstüten nicht nur Müllberge wachsen lässt, sondern auch Natur und Landschaft bis zu den Küsten und auf den Grund von Seen beeinträchtigt. Dazu kommen Luftschadstoffe, Chemikalien, Weichmacher, Pestizide, Nitrat, Medikamentenreste und Hormone im Trinkwasser und Mikroplastik bis in die Antarktis. Die Folgen dieser unbedachten Art von „Kreislaufwirtschaft“ beeinträchtigen nicht nur unsere Lebensgrundlagen und schädigen unsere eigene Gesundheit, son- dern auch die Gesundheit künftiger Generationen.
Die an die natürlichen Kreisläufe angelehnte und nachhaltige Art der Kreislaufwirtschaft wird auch als „Circular Economy“ bezeichnet. Diese Art des Wirtschaftens zielt darauf ab, Materialien und Produkte so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf zu halten, um dadurch Ressourcenverbrauch und Abfallproduktion zu minimieren. Es dominiert ein Kreislauf, der auf Abfallreduzierung und Wiederverwertung fokussiert ist. Die sogenannte 3-R-Strategie bedeutet „Reduce, ReUse, Recycel“. Auf diese Weise gibt es keinen Müll mehr, sondern nur noch Wertstoffe – wie im Wald. Die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft ist durch sieben Schritte charakterisiert: Regeneration, Teilen, Effizienz- und Leistungs- optimierung sämtlicher Produkte, Wiederverwertung, Entmate- rialisierung, Tauschökonomie und Reparieren statt Wegwerfen.
An dieser Stelle knüpft die Transfer-Diskussion an: Es geht um Diskussionsansätze und neue Impulse zur Realisierung einer „unternehmerischen Circular Economy“. Und um die Transformation einer linearen Wirtschaft, die auf dem Prinzip „nehmen, herstellen, wegwerfen“ basiert. Hin zu einer Kreislaufwirtschaft mit nachhaltigen Stoffströmen sowie Produktions- und Konsummustern, die den Verbrauch von Primärressourcen reduziert und die bestehenden Umweltauswirkungen so weit wie möglich verringert. Übergeordnetes und langfristiges Ziel muss es sein, den Ressourcenverbrauch der natürlichen Reproduktionsfähigkeit anzupassen, ohne dass negative externe Effekte entstehen. Nur wenn dies realisiert ist, kann tatsächlich von Nachhaltigkeit die Rede sein.