Für Organisationen ist es von entscheidender Bedeutung, dass Maßnahmen an Bedürfnissen von Stakeholdern ansetzen. Diese zu erkennen, kann jedoch eine große Herausforderung darstellen. Um diese Herausforderung effektiv zu bewältigen, benötigen Organisationen einen Kompass, der die Bedürfnisse von Stakeholdern in verschiedenen Konsumsituationen berücksichtigt.
Der Need-Classifier ist eine Möglichkeit, Bedürfnisse (Needs) in verschiedenen Kontexten wie bspw. Konsumgelegenheiten zu betrachten und zu klassifizieren, um sich darum bewusst zu werden, wann welche Eigenschaften eines Produkts oder einer Maßnahme eine herausragende Rolle spielen.
Das Verfahren ist eng angelehnt an sogenannten Usage & Attitude-Studien (U&A). U&A dient dazu, das Verhalten und die Einstellungen von Stakeholdern in Bezug auf eine bestimmte Produkt- oder Dienstleistungskategorie zu erforschen. Organisationen verwenden U&A-Studien, um ihre Zielgruppen zu identifizieren, relevantes Stakeholderverhalten zu verstehen und ihre Produktentwicklungs-, Nachhaltigkeits- oder Marketingstrategien abzuleiten.
Die Methode unterstützt damit langfristigen Geschäftserfolg. Dazu ist es wichtig, Daten direkt im Konsum-Moment zu erheben. Dies ist notwendig, da sich gezeigt hat, dass die retrospektive Erfassung von Konsumgewohnheiten und Präferenzen durch Befragungen oft ungenau ist – Stakeholder können im Nachhinein oft schlecht rekonstruieren, welche Aspekte einer Maßnahme oder eines Produkts in der Konsumsituation für sie entscheidend waren.
Die U&A-Methode ermöglicht es, detaillierte Informationen über situative Bedürfnisse, Konsumsituationen, einschließlich des „Wer, Was, Wann, Wo, Warum und Wie“, zu sammeln, um ein besseres Verständnis für die Einstellungen zu Maßnahmen, Produktverwendung und deren Treiber sowie Barrieren zu entwickeln.
Beim Need-Classifier werden auf Basis dieser erhobenen Information sogenannte Need-Spaces, also Bedürfnisräume, definiert. Mithilfe der Need-Spaces lassen sich spezifische Kombinationen an gewünschten Eigenschaften für verschiedene Konsumkontexte ableiten. Damit bilden sie einen Ansatz zur Identifizierung von Marktsegmenten, basierend auf den verschiedenen Konsumsituationen, in denen Stakeholder Produkte nutzen oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Damit unterscheiden sie sich von statischen Zielgruppeneinteilungen und helfen Organisationen, ihre Strategien an die situativen Bedürfnisse anzupassen und damit Chancen im Markt auszunutzen.
In der Konsumentenforschung wird dabei häufig vom sogenannten hybriden Kunden gesprochen, der je nach Situation ganz unterschiedliche Ansprüche hat und ganz unterschiedliche Kanäle benutzt. Bedürfnisse und situativer Kontext stehen dabei in einer Wechselwirkung und beeinflussen sich gegenseitig.
Im Kontext von Nachhaltigkeit hilft der Need-Classifier dabei zu erkennen, dass Stakeholder in verschiedenen Situationen unterschiedliche emotionale und funktionale Bedürfnisse haben. Er erkennt damit an, dass Stakeholder je nach Kontext verschiedenen Need-Spaces angehören können und in diesen Kontexten unterschiedlich adressiert werden sollten. Damit könnte man bspw. lernen, dass einem Kunden bei öffentlichem Konsum das Thema Nachhaltigkeit viel wichtiger ist als bei privatem Konsum des gleichen Produkts, weil er damit einen guten Eindruck vor anderen machen möchte. Diese Erkenntnis kann man in der eigenen Kommunikation nutzen, indem man das Produkt stärker in sozialen Situationen mit mehreren Personen darstellt und damit dieses Bedürfnis unbewusst beim Kunden aktiviert.