Perspektiven-Wechsel

Perspektivenwechsel: Maulwurf, Ameise, Hase, Adler

Der „Perspektivenwechsel“ dieser Outdoor-Übung ermöglicht, durch die Einnahme unterschiedlicher Perspektiven ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wie subjektiv die eigene Sicht der Dinge sein kann und wie wichtig es ist, vor wichtigen Entscheidungen mehrere Perspektiven im Sinne einer „Ökosystem-Perspektive“ einzubeziehen, um über eine qualifizierte Entscheidungsgrundlage zu verfügen.

Zur Konkretisierung der vier unterschiedlichen Sicht-Positionen dieses Perspektivenwechsels wird die Übung auch als „Maulwurf-, Ameisen-, Hasen- und Adler-Perspektive“ bezeichnet. In der Zusammenfassung dieser vier Sichtweisen handelt es sich um eine „Ökosystem-Perspektive“.

Notwendig für die Durchführung dieser Übung ist ein Wald, in dem es Höhenunterschiede und offene Blickachsen von oben nach unten und von unten nach oben gibt. Dies ermöglicht es, eine beidseitige Blickverbindung zwischen einem höher gelegenen Punkt und einer tiefer gelegenen Stelle im Wald herzustellen.

Ziel ist es, sich von jedem der Sichtpunkte aus bei unterschiedlichem Fokus ein möglichst genaues Bild vom nahen, näheren, weiteren oder fernen Umfeld zu machen. Beim Vergleich der standortsspezifischen Wahrnehmungen wird bewusst, wie sehr eigene Wahrnehmungen subjektive Wahrnehmungen sind, die ganz wesentlich von der Art der Betrachtung und vom gewählten Standort abhängen. Und wie sehr diese Subjektivität der eigenen Wahrnehmung auch zu einer einseitigen oder verzerrten Wahrnehmung führen kann, die oftmals Anlass für Irritationen, Konflikte oder Fehlentscheidungen ist.

Der erste im Rahmen der Übung „Perspektivenwechsel“ aufzusuchende Ort liegt in einem kleinen Tal oder in einer Senke, an einem möglichst ungestörten und ansprechenden Ort, an dem man gern verweilt. Von hier aus soll eine Sichtachse zu einem höher gelegenen Hügel, Berg oder Aussichtspunkt bestehen. An dem im Tal gelegenen Ort werden die drei ersten Wahrnehmungsübungen durchgeführt.

Bei der ersten Position „Maulwurf“ knien die Teilnehmer auf dem Boden und schauen nach unten auf den Boden oder wer mag sogar in den Boden hinein. Diese vertikal ausgerichtete „Ein-Sicht“ und das sich in den Boden Hineinfühlen ermöglicht den Blick auf Laub, Wurzeln, Erde, Asseln, Regenwürmer, Blätter, Moose, Flechten, Eicheln, Bucheckern, keimende Ahornsamen oder Eicheln und Pflanzensämlinge.

Bei der zweiten Position „Ameise“ geht es um bodenparallele, ho- rizontale „Nah-Sicht“. Hier liegen die Teilnehmer auf dem Bauch. Aus dieser horizontalen „Mikro-Kosmos-Perspektive“ werden im Liegen Gräser, Stauden, Zapfen, Äste, kleine Insekten, Pilze, Steine, Maulwurfshügel und andere kleinstandörtliche Besonderheitenwahrgenommen. Viele der zu beobachtenden Gegenstände sind identisch wie bei der Position Maulwurf, aber sie werden nicht von oben, sondern von der Seite wahrgenommen.

Bei der dritten Position „Hase“ sitzen die Teilnehmer auf dem Boden und schauen sowohl in die Horizontale als auch vertikal nach unten und nach oben, um sich einen unmittelbaren Eindruck ihrer gesamten Umgebung verschaffen zu können. Der Fokus verändert sich gegenüber der Ameisen-Sicht durch das Sitzen weg vom Boden auf eine höhere Ebene und eher zum Gesamtumfeld, sodass eine „Um-Sicht“ möglich ist. Hier werden weniger die Details am Boden, sondern vor allem die Büsche, Sträucher, Baumstümpfe und Bäume sowie die umgebende Topografie wahrgenommen. So z.B. ein Bach, der umgebende Baumbestand, ein vorbeiführender Weg oder ein gegenüber liegender Waldhang.

Für die vierte und letzte Position „Adler“ muss der Ort gewechselt werden. Die Gruppe sucht nun eine höher gelegene Örtlichkeit auf, von der aus ein Blick zurück auf den ersten Beobachtungs- punkt möglich ist. Entweder von einem nach oben führenden Waldweg oder von einem gegenüberliegenden Waldhang aus. Noch besser von einer Kuppe, einem Berg oder einem Aussichtspunkt aus. Auch wenn keine wirkliche „Adler-Perspektive“ möglich ist, so vermittelt das Stehen in erhabener und möglichst exponierter Position und mit horizontalem Blick doch auf jeden Fall eine gute „Über-Sicht“, eventuell auch „Fern-Sicht“. Von hier aus besteht erstmals ein Überblick über die umgebende Landschaft, in der sich die Gruppe bisher bewegt hat.

Aus dieser Position heraus kann der Blick zwischen Nähe und Ferne wechseln. Der erste Beobachtungsort ist zwar noch lokalisierbar und aus der Ferne sichtbar, aber nicht mehr in seinen Details erkennbar. Die aus den Positionen „Maulwurf“ und „Ameise“ heraus gemachten Beobachtungen und die gewonnenen Erkenntnisse mögen aus der Ferne keine Bedeutung haben, sind aber für eine qualifizierte Gesamteinschätzung der Situation unabdingbar. Falls der Boden ausgezehrt und die Vegetation am Talgrund vertrocknet ist, hat das unmittelbare Auswirkungen auf den Standort und damit auf den gesamten Baumbestand.

Auch die aus der Position „Hase“ heraus noch prägenden Sträucher und Jungbäume werden beim „Adler-Blick“ durch das flächige Grün des Waldes verwischt. Auch der aus Hasen-Sicht noch groß und mächtig wirkende Einzelbaum sowie der kleine vorbeifließende Bach verschwinden nun im Gesamtbild der hügeligen Waldlandschaft. Gleichzeitig sind aber für den Adler Details erkennbar, die aus der Nähe nicht zu sehen waren. Während der Hase primär die Stämme und das Grün des umgebenden Waldes gesehen hat, ist nun aus der Ferne nicht nur die Baumarten-Zusammensetzung des Waldes zu erkennen, sondern auch der Vitalitätszustand der Bäume. Während die dominierenden Buchen, Bergahorne und Tannen mit sattem Grün einen insgesamt vergleichsweise vitalen Eindruck machen, befinden sich dazwischen mehrere Gruppen vom Borkenkäfer befallener und abgestorbener Fichten. Auch die Kahlfläche, auf der im letzten Jahr bereits die abgestorbenen Fichten geräumt wurden, sowie der oberhalb der ersten Beobach- tungsfläche verlaufende Forstweg sind von hier aus zu sehen. Und oben auf dem Bergrücken stehen mehrere Windenergie-Anlagen, die von unten aus und bis kurz vor dem jetzt erreichten Aussichts- punkt überhaupt nicht zu erkennen waren.

Der Vergleich der vier verschiedenen Perspektiven macht ein- drücklich deutlich, wie subjektiv die singuläre Sicht der Dinge aus einer einzigen Perspektive heraus sein kann. Speziell bei komplexen Fragestellungen und Problemen sowie in Stresssituationen ist es hilfreich, räumlichen und emotionalen Abstand zu suchen, um sich in Ruhe ein umfassendes Gesamtbild machen zu können, bevor spontane oder nicht zu Ende gedachte Entscheidungen getroffen werden.

Das Einbeziehen und sachliche Abwägen verschiedener Fokus- und Betrachtungsebenen aus Nähe und Distanz sowie aus Spezialisten-Wissen und Generalisten-Sicht trägt zu einem ganzheitlichen Bild im Sinne einer „Ökosystem-Perspektive“ und damit zu einer qualifizierten Entscheidungsgrundlage bei. Daher sollte für verantwortungsvolle Führungskräfte vor wichtigen Entscheidungen ein mehrfacher Perspektivwechsel selbstverständlich sein. Die „Ökosystem-Perspektive“ trägt nicht nur zu einer qualifizierteren, sondern auch zu einer weitsichtigeren und risikoärmeren Entscheidung im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung bei.

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