Viele Produkte werden oft nur für eine bestimmte Zeit gebraucht und im schlimmsten Fall nach einmaliger Nutzung bereits wieder entsorgt. Das kann verschiedenste Gründe haben: Manchmal sind sie nach der ersten Nutzung zerstört, wie das bei Plastikgeschirr der Fall ist. Andermal entwickelt sich unser Geschmack oder die Mode weiter, sodass wir für gewisse Kleidungsstücke keinen Gebrauch mehr haben. Manchmal ändern sich auch unsere Um- stände, wir ziehen zusammen und die neue Wohnung hat keinen Platz mehr für zwei große Ecksofas. Oder unser Auto steht viel herum, da wir unter der Woche doch meistens mit dem Fahrrad unterwegs sind.
So vielfältig die Gründe sein können, als Resultat bleibt uns meist nur mehr Abfall, Ressourcenineffizienz und Umweltverschmutzung. Denn auch wenn wir diese „nutzlosen“ Produkte nicht direkt entsorgen, sondern einfach einlagern, binden sie wertvolle Ressourcen, welche anderweitig sinnvoll eingesetzt werden könnten.
Die Service-Flip-Methodik ist ein Design-Ansatz, der darauf abzielt, die Nachhaltigkeit von Produkten zu erhöhen, indem eine einmalige oder ineffiziente Nutzung von Produkten vermieden wird. Mit dem Service-Flip verlagert sich der Fokus vom Verkauf von Produkten auf den Verkauf von Dienstleistungen. Das heißt, anstatt in einer einzelnen Transaktion ein Produkt zu verkaufen, weiten Organisationen ihre Tätigkeit über die Zeit aus. Sie verkaufen einen Service.
Bekannte Beispiele für Dienstleistungsmodelle gibt es in den ver- schiedensten Industrien. Am direktesten in Kontakt kommen wir mit den unzähligen Abo-Modellen der Digitalwirtschaft. Wer früher das Produkt Musikalbum gekauft hat, streamt dieses und Millionen weitere Titel heute über Anbieter wie Spotify, Tidal oder Apple Music als Teil einer Dienstleistung mit monatlicher Gebühr. Texte und Visualisierungen, wie wir sie in diesem Buch zuhauf sehen können, werden mit Computerprogrammen ge- schrieben, welche nicht mehr durch eine einmalige Beschaffung erstanden werden. Stattdessen werden sie über monatliche Gebühren lizenziert und bleiben dadurch immer auf dem neusten Stand. Die Industrie nennt solche Modelle passenderweise Software as a Service (SaaS), was in der Branche einen großen Inno- vationsschub ausgelöst hat.
Doch Servicemodelle sind nicht nur auf digitale Geschäftsmodelle fokussiert. So hat auch Philips, ein Hersteller von Haushaltsgeräten und Gesundheitstechnologie, sein Leuchtmittelgeschäft in eine Dienstleistung transformiert. Philips verkauft nun keine Glühbirnen mehr, sondern vermietet Licht.
Für einen erfolgreichen Service Flip gilt es also herauszufinden, was sich die Kunden ultimativ von einem Produkt erhoffen. Beim Beispiel Lampen sind sie nämlich nicht an der Glühbirne, sondern an einem bei Bedarf jederzeit effizient erhellten Wohnraum interessiert. Zentral ist dementsprechend die Identifizierung der Kundenbedürfnisse. Ist dieser Schritt geschafft, kann eine Organisation um diese Bedürfnisse herum ein Dienstleistungsgeschäft aufbauen. Dabei erweitert sie ihre Kontrolle von der Herstellung hin zur Nutzungsphase und möglicherweise darüber hinaus. Vor allem letzteres ist zentral für nachhaltigere Geschäftsmodelle. Denn wer das Recycling, die Rückführung oder die Weiterverwendung als Teil der eigenen Dienstleistung sieht, schafft nicht nur Möglichkeiten für neue Geschäftsfelder, sondern kann auch großen Einfluss auf die Nachhaltigkeit des angebotenen Services nehmen. Somit ist der Service-Flip ein innovativer Ansatz, der nicht nur das Potenzial hat, Umwelteinflüsse zu reduzieren, sondern gleichzeitig auch noch zusätzlichen Wert für Kundinnen schafft.