Es gibt mittlerweile verschiedenste Darstellungsweisen, um ein Geschäftsmodell eines Unternehmens abzubilden. Was sich letztendlich wohl am stärksten durchgesetzt hat, ist die Canvas Darstellung. Der Business Model Canvas, entwickelt von Alexander Osterwalder und in seinem Buch Business Model Generation veröffentlicht, hat weit um sich gegriffen und bestimmt heute die Arbeit von Business Development Units und Innovationsabteilungen. Neue Geschäftsmodelle oder auch eine Analyse und Verbesserung des bestehenden Geschäftsmodells werden mit dem Business Model Canvas als DEM Werkzeug angegangen. Der Haken: Er fokussiert darauf, wie das Unternehmen maximalen Gewinn mit dem bestmöglichen Wertversprechen (Front Stage) und der bestmöglichen internen (Kosten-)Struktur (Back Stage) generieren kann. Was er überhaupt nicht in den Blick nimmt, sind die Wirkungen dieses Geschäftsmodells. Ressourcen sind gegeben, der Planet stellt unbegrenzte Mittel zur Verfügung, Gesellschaft wird als potenzielles Kundensegment betrachtet. Das Business Model Canvas Framework unterliegt der Annahme, das Geschäftsmodell eines Unternehmens läge losgelöst im planetaren System und berücksichtigt damit weder ökologische noch soziale Brennfragen. Die 9 Felder des Canvas sind damit unzureichend und bedürfen dringend Erweiterung.
So sind weiterentwickelte Canvase entstanden, die Sie auch in diesem Buch finden (Sustainable Business Model Canvas und Regenerative Business Canvas). Doch hier stellt sich folgende Frage: Ist der Canvas noch die richtige Darstellungs- und Visualisierungsform eines nachhaltigen, wenn nicht sogar regenerativen Geschäftsmodells? Oder hängen wir nicht einfach noch ein paar neue Felder an unseren bisherigen Canvas dran, ohne einen wirklichen Paradigmenwechsel anzuregen?
Nachhaltige und regenerative Geschäftsmodelle sind Kernelemente einer neuen Form des Wirtschaftens. Eines sinnstiftenden Wirtschaftens mit anderen Zielen als Profitmaximierung und Wachstum. Es geht darum, sein Business so aufzubauen, dass dem Planeten und der Gesellschaft kein Schaden entsteht und auf regenerativem Weg sogar etwas zurückzugeben. Das Warum („Purpose“) des Unternehmens rückt in den Vordergrund, und Geschäftsmodelle müssen dieses definierte Warum in ein Ge- schäft übersetzen.
Wie wäre es also mit einer komplett anderen Darstellungsform?
Anstatt eines statischen Canvas nutzt der Sustainable Business Model Tree das Bild eines lebenden, atmenden Baums, eingebettet in ein vielfältiges Ökosystem. Der Baum hilft, dabei, Kreisläufe zu schließen, zu regenerieren und ist ein wertvoller Teil des planetaren und gesellschaftlichen Systems.
Christina Westing übertrug die weiterentwickelten Felder des Business Model Canvas in eine Bildsprache und entwickelte damit das Poster des Sustainable Business Model Trees. Die 13 Kernelemente eines nachhaltigen und im Sinne der Regeneration zirkulären Geschäftsmodells sind damit in folgende Bildvokabeln übersetzt worden:
Cluster 1 (pink eingefärbt):
• Baumstamm = Werteangebot
Hilfsfragen: Welche Probleme unseres Kunden werden durch unser Angebot gelöst? Wie können wir dem Planeten etwas Gutes tun? Welche Werte und Mehrwerte werden für alle unsere Stakeholder geschaffen? Wie würden Sie das angebotene Erlebnis beschreiben? Wie funktioniert es? Was sind die wichtigsten Merkmale?
• Baumäste = Vertriebswege
Hilfsfragen: Welche Möglichkeiten bieten wir unseren Kunden, an unser Werteangebot zu denken? Wie kann das Angebot vermarktet werden? Wie kommunizieren wir den Nachhaltigskeitsaspekt unserer Produkte? Wie wird das Produkt/die Dienstleistung geliefert oder zur Verfügung gestellt und wie funktioniert dieser Prozess? Können wir diesen Prozess nachhaltig gestalten?
• Äpfel am Baum = Produkte/Dienstleistungen, die dem Kunden dargereicht werden
• Apfelpflückender Mensch = Kundenbeziehung
Hilfsfragen: Welche Beziehung wird zu den Kunden aufgebaut? Wie kann diese weiterentwickelt werden? Wie können wir unsere Kunden langfristig an unser nachhaltiges Angebot binden?
• Mensch, der sich um einen Vogel kümmert = Kundensegment & Verantwortung
Hilfsfragen: Für wen wird Wert geschaffen? Wer sind die wichtigsten Zielkunden und/oder Endverbraucher? Wie können wir unseren Kunden nachhaltiges Handeln ermöglichen? Welche Zielkundensegmente können helfen, unsere nachhaltigen Lösungen zu bewerben?
Cluster 2 (grün eingefärbt):
• Baumwurzeln = Kernaktivitäten
Hilfsfragen: Was sind die wichtigsten Wertschöpfungsaktivitäten? Wie können wir sie nachhaltiger gestalten? Welche Fähigkeiten sind bereits vorhanden? Welche sollen wir erwerben?
• Weiter Bäume = Partner
Hilfsfragen: Wer sind unsere wichtigsten Partner, Lieferanten und Personalressourcen für die Wertschöpfung? Wie nachhaltig sind unsere Partner? Welche Aktivitäten und Kompetenzen bieten sie? Wie können wir unsere Lieferkette nachhaltig, transparent und zirkulär gestalten?
Cluster 3 (orange eingefärbt):
• Sonne = Energetische Ressourcen
Hilfsfragen: Welche Energieressourcen werden benutzt? Ist der Energieverbrauch optimiert? Könnte die Aktivität energieneutral sein?
• Wolken = Natürliche Ressourcen
Hilfsfragen: Welche natürlichen Ressourcen, ob mineralisch oder organisch, werden benötigt? Erleichtern wir die biologische Abbaubarkeit der organischen Ressourcen?
• Regen = Technologische Ressourcen
Hilfsfragen: Welche technischen Ressourcen werden benötigt? Welche Produkte, Komponenten, Maschinen oder andere Materialien werden verwendet? Können wir Produkte, Komponenten oder Materialien zirkulär denken?
Cluster 4 (blau eingefärbt):
- Verkauf der Ă„pfel = Einnahmen
Hilfsfragen: Was sind die vorhandenen oder potenziellen Einnahmequellen? Sind unsere Kunden bereit, mehr für ein nachhaltiges Produkt zu zahlen? Können wir einen Mehrwert über Nachhaltigkeit anbieten? - Boden = Kosten
Hilfsfragen: Was sind die Kosten und der Investitionsaufwand? Welche zukünftigen Externalitäten können wir einsparen? - Baum gießender Mensch = Subventionierung
Hilfsfragen: Können wir unsere Aktivitäten subventionieren? Gibt es zusätzliche Fördermittel für unser nachhaltiges Angebot? Cluster 5 (gelb eingefärbt): - Regenwurm, der verrottenden Apfel isst = Werterhaltung Hilfsfragen: Was passiert mit dem Produkt/der Dienstleistung und jeder Komponente/Verpackung am Ende der Nutzungsphase? Können das Produkt oder seine Komponenten wiederverwendet werden? Repariert? Recycelt? Können sie am Ende des Nutzungszyklus neue Anforderungen erfüllen? Können der Nutzer oder die Partner für die Erreichung dieser Ziele einbe- zogen oder belohnt werden?
Cluster 6 (grau eingefärbt)
• Daumen hoch = positiver Impact auf die Organisation, die lokale Gemeinschaft oder die umliegenden Ökosysteme
• Daumen runter = negativer Impact auf die Organisation, die lokale Gemeinschaft oder die umliegenden Ökosysteme