Das Objektivitäts-Modell fordert Sie dazu auf, in Verstehens- und Analysephasen von komplexen Innovationsprojekten neugierig und kritisch zu sein. Kritisch gegenüber Studien, Parolen und Aussagen, was angeblich „objektiv wahr“ ist.
Objektivitätskritik wird von radikalen Nach-Vorne-Denkern betrieben, die zu dem Schluss kommen, dass wissenschaftliche Objektivität eine ideologische Konstruktion ist.
Ihr Ausgangspunkt war die Annahme, dass, wer nach objektiver Erkenntnis strebt, versucht, die Welt so zu beschreiben, „wie sie wirklich ist“ – ohne dabei politische oder ökonomische Interessen zu verfolgen. Demnach müssten auch Forschungsergebnisse frei von Machtansprüchen und den gesellschaftlichen Bedingungen sein, unter denen sie entstanden sind.
Unter anderen hält die Philosophin Donna Haraway diese Annahme für unmöglich. Folgt man den Objektivitätskritikern, ist die Beschreibung der Welt nie wertfrei. Als Beispiel nennen die Autoren Mikael Krogerus und Roman Tschäppeler Darstellungen von Urmenschen: Selbst Kinderbücher tradieren das Bild von Mammut-jagenden Männern. Unspektakulärere Arten der Nahrungsbeschaffung werden vernachlässigt. Tatsächlich entstanden diese Darstellungen im 19. Jahrhundert, als Jagen prestigeträchtig war. Das keineswegs neutral-objektive Bild diente dazu, die Machtposition des Familienernährers und Kriegers zu stärken.
Objektivität anzuzweifeln, bedeutet, nicht zu fragen, was richtig oder falsch ist. Die Frage nach wahr oder unwahr sollte vielmehr anders gestellt werden: „Was gilt als wahr?“ und „Wer profitiert davon?“. Wo der Anspruch aus „Wahrheit“ erhoben wird, sollte also die Frage gestellt werden: „Was sind die Bedingungen, unter denen diese Wahrheit produziert wird?“.