In unserer täglichen Arbeit sehen wir immer wieder, die meisten Unternehmen haben sich Design Thinking als Standardmethode gesetzt. Gerade weil sie so häufig zu sehen ist, fragen sich manche Menschen zurecht – ist das ein Hype oder eine Revolution?
Mein Vorschlag, lesen Sie die unten aufgeführten Wissenshäppchen und beantworten Sie sich die Frage selbst.
Wissenshäppchen 1 – Design Thinking ist keine Methode
Ganz im Gegensatz zu vielen anderen Innovationsmethoden ist Design Thinking keine Methode im klassischen Sinn – Design Thinking ist ein Ansatz, der zum Lösen von Problemen und zum Entwickeln von neuen Ideen führen soll. Damit ist es also mehr als eine Methode.
PS: Problemlösung muss in diesem Zusammenhang auch nicht zwangsweise immer einen Innovationskontext haben.
Wissenhäppchen 2 – Design Thinking muss man richtig übersetzen
Die korrekte Übersetzung von „Design Thinking“ muss lauten: „Denken wie ein Erfinder“. Man könnte auch sagen, die Entwickler von Design Thinking haben sich genau angesehen, wie erfolgreiche Erfinder und Entwickler vorgegangen sind, um ihre Entdeckungen zutage zu fördern. Eine der wesentlichen Erkenntnisse war, dass kein Erfinder direkt mit der Ideenfindung beginnt – sie beginnen alle damit, die gegebene Herausforderung genauestens zu verstehen.
Wissenshäppchen 3 – Die drei Grundprinzipien
Design Thinking basiert auf drei wesentlichen, gleich wichtigen Grundprinzipien oder Bestandteilen: Team, Raum und Prozess. Nur wenn alle drei Bestandteile in der Arbeit mit Design Thinking sichtbar werden, ist es auch Design Thinking. Und falls nicht, sollte man das, was man da tut, anders nennen.
Wissenhäppchen 4 – Die Annahme
Design Thinking basiert auf der Annahme, dass Probleme effizienter gelöst werden können, wenn Menschen unterschiedlicher Disziplinen und Teams in einem die Kreativität fördernden Raum zusammenarbeiten, gemeinsam eine Fragestellung entwickeln, die Bedürfnisse und Motivationen von Kunden berücksichtigen und dann Konzepte entwerfen, die mehrfach geprüft und geändert werden (Pivoting). Das Verfahren orientiert sich an der Arbeit von Erfindern und Entwicklern, die als eine Kombination aus Verstehen, Beobachtung, Ideenfindung, Verfeinerung, Ausführung und Lernen verstanden wird.
Wissenshäppchen 5 – Team
Der führende Ansatz ist hier die ausschließlich multidisziplinäre Arbeit mit Personen aus mindestens 3 bis 5 Disziplinen, Abteilungen oder Teams. Wenn also nur Menschen aus einem Team Design Thinking nutzen, ist es kein Design Thinking.
Wissenshäppchen 6 – Raum
Zum Thema kreative Räume im Allgemeinen habe ich Ihnen im Artikel Kreativräume sind keine nette Option einige Informationen über kreative Räume zusammengestellt. Ein Beispiel eines für speziell Design Thinking ideal zugeschnittenen Raumes finden Sie auf der Website des Hasso Plattner Institutes oder wenn Sie bei Google nach „Creative Workspaces“ suchen. Hier wird sehr fokussiert auf ein flexibles Raumkonzept mit beweglichen Möbeln gesetzt. Eine Buchempfehlung an dieser Stelle ist das Werk „Design Thinking – Das Handbuch“, erschienen bei Frankfurter Allgemeine Buch. Hier wird ebenfalls sehr detailliert auf das Thema „Kreative Räume“ eingegangen.
Eigenschaften von kreativen Räumen sind z. B.:
- Ermunterung zur Interaktion,
- Stimulation der Kreativität,
- freie Wahl des Arbeitsplatzes,
- Arbeitsplätze für Co-Creation,
- große Tische und Arbeitsflächen,
- Inspirationsquellen wie Bibliotheken,
- natürliches und direktes Licht.
Wissenshäppchen 7 – Prozess
Die dritte Säule ist ein iterativer Arbeitsprozess aus den Phasen Verstehen, Beobachten, Synthetisieren, Ideenfindung, Prototyping und Testing. Wichtig zu wissen ist, dass auch dieser Prozess verschiedene Varianten hat. Design Thinking legt nicht grundsätzlich fest, mit welchen Mikromethoden man in den einzelnen Phasen arbeitet. Hier kann man aus vielen hundert Methoden wählen und seinen eigenen Prozess modellieren.
Wissenshäppchen 8 – Skalierung
Design Thinking lässt sich flexibel skalieren und auch außerhalb des Innovationskorridors anwenden. Von zweitägigen Kurzworkshops bis hin zu monatelangen intensiven strategischen Projektszenarien ist hier alles denkbar und wird auch in der Praxis gelebt.
Wissenshäppchen 9 – Design Thinking ist nicht neu
Diese These erhärtet sich sofort, wenn man sich zum Beispiel mit den Künstlern der Renaissance wie Leonardo da Vinci beschäftigt. Ihre Arbeit folgte bereits denselben Prinzipien. Dabei beginnt alles immer mit einem tiefen Verstehen und intensiven Beobachten. Leonardo hat beispielsweise wochenlang Wasserstrudel gezeichnet, um das Wasser und dessen Beförderung exakt zu verstehen. Danach erst werden daraus Schlüsse gezogen und die Kreativarbeit beginnt.
Dem Prototyping und Testing entspricht, dass Kunstwerke immer wieder während ihrer Entstehung verändert und übermalt wurden. Ebenfalls damals schon erprobt: inspirierenden Räume und multidisziplinäre Arbeit. Beides findet sich z. B. in der Kunstschule unseres Namensgebers Andrea del Verrocchio. Künstler unterschiedlichster Disziplinen haben damals in großen inspirierenden Räumen gemeinsam interaktiv gearbeitet.
PS: Meine Antwort auf die Frage vom Anfang lautet: Es ist definitiv kein Hype, wenn schon in der Renaissance damit gearbeitet wurde. Aber eine Revolution für Ihr Unternehmen kann Design Thinking nur sein, wenn Sie es ganzheitlich sehen und nutzen – und zwar nicht nur als Methode.