Ein entscheidender Faktor, der den Erfolg von Nachhaltigkeitsbemühungen beeinflusst, ist das richtige Mindset und die Fähigkeit zur Veränderung.
Eine Organisation, die Nachhaltigkeit ernsthaft verfolgen möchte, benötigt ein starkes und inspirierendes Mindset, das von der Führungsebene bis hin zu den Mitarbeitenden geteilt wird. Es geht darum, eine Vision zu entwickeln, die über die reinen wirtschaftlichen Ziele hinausgeht und das langfristige Wohlergehen der Gesellschaft und der Umwelt berücksichtigt.
Dabei ist es wichtig, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Nachhaltigkeit nicht nur eine Verpflichtung, sondern auch eine Chance ist.
Veränderung als Chance begreifen
Der Gedanke an Veränderung ruft bei vielen Menschen Unbehagen hervor. Doch gerade im Kontext der Nachhaltigkeit sollten wir Veränderung als Chance betrachten, um positive Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft zu erzielen.
Oft ist uns nicht bewusst, dass eine nachhaltigere Welt eine gesündere Welt für uns bedeutet: Bessere Luft zum Atmen, bessere Böden und gesündere Lebensmittel, eine gesicherte Nahrungsversorgung, genug Wasser für alle, bessere soziale Teilhabe, bessere Arbeitsbedingungen, mehr Gerechtigkeit…
Und auch mit Blick auf die harten Zahlen ist eine nachhaltigere Welt sinnvoll: Eine vom Bundesministerium für Klimaschutz beauftragte Studie von 2023 berechnet die Folgekosten des Klimawandels für Deutschland, die sich bis 2050 bei 280 bis 900 Milliarden Euro bewegen werden. NICHT mit eingerechnet sind zahlreiche gesundheitliche Beeinträchtigungen, Todesfälle durch Hitze und Überflutungen, die Belastung von Ökosystemen, der Verlust von Artenvielfalt und eine schlechtere Lebensqualität. Mindestens 145 Milliarden Euro Schäden sind bereits zwischen 2000 und 2021 durch die Folgen des Klimawandels in Deutschland entstanden. (Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/klimaschutz/kosten-klimawandel-2170246)
Ein nachhaltiges Wirtschaften ist also auch aus Kostensicht erstrebenswert.
Den Blick für eine nachhaltige Welt zu öffnen, ist meist gar nicht so einfach.
Ich finde mich immer wieder in Nachhaltigkeits-Debatten wieder, in denen größeren Veränderungsschritten Richtung Nachhaltigkeit ein „wir müssen aber unseren Wohlstand erhalten“ (trotz dieser und ähnlicher Zahlen und Studien) entgegengesetzt wird. Mit Wohlstand erhalten wird dann die Fortsetzung unserer heutigen Lebens- und Arbeitsweisen gemeint, die mit möglichst wenig Veränderung verbunden ist. Dahinter steckt oft die Sehnsucht nach Stabilität, die aufgrund unserer zunehmend krisenreichen Zeit immer mehr schwindet.
Ein erster Schritt, um Veränderung als Chance zu begreifen, kann also sein, den Wohlstandsbegriff neu zu definieren. Wie kann Wohlstand für uns als Gesellschaft in einer nachhaltigen Welt aussehen? Eine Antwort darauf gibt das Buch „Zukunftsbilder 2045„. Es zeigt mit simulierten Panoramen, wie 16 Städte in Deutschland, der Schweiz und Österreich in Zukunft aussehen können: grüne Begegnungsstätten, in denen Energiegewinnung, Verkehr und Ernährung eine Kreislaufwirtschaft bilden. Dazu erzählt eine Reportage, wie die globalen Klimaziele im Jahr 2045 erreicht worden sind und wie ein gutes Leben in der Zukunft aussehen kann.
Das einleitende Zitat zeigt das Mindset, welches das Buch fördern will:
Aus der Krise kann eine neue Welt entstehen, die nicht unserem Verstand entspringt, sondern unseren Träumen. Auch wenn wir nicht genau wissen, wie die Zukunft aussieht, sollten wir sie uns vorstellen. Denn wir können nur erschaffen, was wir als Vision in unseren Herzen tragen.
JOANNA MACY
Wir brauchen auch in Organisationen ein Mindset, das genau diese Veränderungen unterstützt und eine klare, wünschenswerte Vision vor Augen hat.
Der Weg zum nachhaltigen Mindset in der Organisation
- Führungskräfte als Vorbilder: Eine nachhaltige Transformation beginnt bei den Führungskräften. Sie sollten die Werte und Überzeugungen verkörpern, die für Nachhaltigkeit stehen, und als Vorbilder vorangehen. Indem sie Nachhaltigkeit in ihre Entscheidungsprozesse integrieren und ihre Mitarbeitenden inspirieren, schaffen sie ein Umfeld des Wandels.
- Bewusstseinsbildung und Schulungen: Um ein nachhaltiges Mindset zu etablieren, ist es wichtig, Mitarbeitende über die Bedeutung von Nachhaltigkeit aufzuklären und sie für die Auswirkungen ihres Handelns zu sensibilisieren. Schulungen und Workshops können helfen, das Verständnis für nachhaltiges Denken und Handeln zu fördern.
- Integration in die Unternehmenskultur: Nachhaltigkeit sollte nicht nur als isoliertes Thema betrachtet werden, sondern als fester Bestandteil der Unternehmenskultur verankert sein. Das bedeutet, dass nachhaltiges Handeln in allen Bereichen des Unternehmens, von der Beschaffung bis hin zum Marketing und auch in der Innovationsarbeit, integriert werden sollte.
- Empowerment und Partizipation: Jede:r Mitarbeitende sollte die Möglichkeit haben, aktiv an der Gestaltung der Nachhaltigkeitsstrategie und -maßnahmen teilzunehmen. Indem die Meinungen und Ideen der Mitarbeitenden mit einbezogen werden, wird das Engagement für nachhaltiges Handeln gestärkt.
3 erste Schritte, um eine Mindset Änderung voranzutreiben
- Green Nudges: Sanfte Stupser in Richtung Nachhaltigkeit
Eine gute Methode, um nachhaltigeres Verhalten in der Organisation zu fördern, sind sogenannte „Green Nudges“. Hierbei handelt es sich um sanfte Anstöße oder Anreize, die uns dazu bewegen, umweltfreundliche Entscheidungen zu treffen, ohne dabei auf Zwang oder Verbote zurückzugreifen.
Ein kleines Beispiel: Bei Druckern wird auf beidseitiges Drucken als Standardoption vor eingestellt, um den Papierverbrauch zu reduzieren. Indem umweltfreundliches Verhalten zur einfachsten und bequemsten Option wird, werden Mitarbeitende dazu ermutigt, automatisch nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Mehr zum Thema findest du in unserem Nudging Artikel. - Green Teams: Interdisziplinäre Teams, die Nachhaltigkeitsinitiativen Bottom-up treiben
Wir brauchen für so tiefgreifende Veränderungen wie eine Nachhaltigkeitstransformation Top-Down und Bottom-up Ansätze.
Ein Bottum-up Ansatz sind Green Teams – hier schließen sich Mitarbeitende aus unterschiedlichsten Abteilungen freiwillig neben ihrem eigentlichen Job zusammen, um nachhaltige Fragestellungen zu diskutieren, Nachhaltigkeitsinitiativen zu starten und voranzutreiben. So entsteht ein immer breiterer internen Druck auf das Thema Nachhaltigkeit.
Ein Beispiel für Green Teams sind die Green Pioneers der Telekom. Die Green Pioneers sind eine Community von über 250 Mitarbeitende der Telekom, die gemeinsam das Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit fördern, Aufmerksamkeit schaffen und die Möglichkeit zum mit, – & nachmachen bieten.
Sie organisieren sich in thematischen oder auch regionalen Hubs / Arbeitsgruppen. Die lokalen Hubs treffen sich regelmäßig zu einem gemeinsamen Frühstück oder Lunch, um sich auszutauschen. In einem thematischen Hub haben sich diejenigen zusammengeschlossen, denen ein bestimmtes Thema am Herzen liegt oder bei dem man Expertenwissen hat, das man einbringen möchte.
Die Hubmitglieder:innen von „Gesunde & klimafreundliche Ernährung“ halten z.B. regelmäßige Sessions, um ihr Wissen mit anderen Kolleg:innen zu teilen. Sie klären auf, welchen Einfluss die tägliche Ernährung auf Ökosysteme und das Weltklima hat.
(Quelle: https://www.umweltdialog.de/de/management/unternehmenskultur/2020/Green-Pioneers-gemeinsam-fuer-eine-gruenere-Telekom.php) - Change Agents: Jobsuchende, die mit Nachhaltigkeits-Skills einsteigen
Junge Leute, die sich vermehrt mit einem Nachhaltigkeits-Background bewerben, kommen bereits mit einem anderen Skillset und Mindset in die Organisation. In den letzten Jahren sind immer mehr Studiengänge entstanden, die einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit setzen. Nun treten ihre Absolventen in die Jobwelt ein und haben eine andere Sicht auf Unternehmertum als der klassische BWLer. Sie kommen mit der Fragestellung in die Organisation, wie Umwelt und Soziales ebenfalls eine Rolle im Unternehmen spielen kann. Sie hinterfragen dafür bestehende Prozesse und sie zeigen neue Sichtweisen auf – wichtige Elemente, um andere Mitarbeitende ein neues Mindset aufzuzeigen.
Warum ist Veränderung für mehr Nachhaltigkeit anders?
Der Veränderungsprozess für mehr Nachhaltigkeit unterscheidet sich in einigen Aspekten von anderen Veränderungsinitiativen. Er erfordert ein Umdenken und eine ganzheitliche, systemische Betrachtung der Geschäftspraktiken. Nachhaltigkeit geht über einzelne Projekte oder Programme hinaus, sie betrifft jeden Bereich und jede Ebene der Organisation. Es ist eine Querschnittstransformation und damit auch ein Querschnitts-Veränderungsprozess.
Dessen Auswirkungen sind langfristig und haben das Potenzial, nicht nur die Umwelt, sondern auch das Unternehmensimage, die Kundenzufriedenheit und die Mitarbeitermotivation zu beeinflussen.